Max-Planck-Institut Blog

Im Rahmen der Arbeiten mit den Experten vom Max-Planck-Insitut an der HLFS Ursprung bekamen zwei SchülerInnen das Angebot, in den Semesterferien 2010 nach München zu fahren und Seite an Seite mit hochrangigen WissenschaftlerInnen zu forschen. Wir waren ganz aufgeregt und gespannt, wer denn da fahren dürfe. Immerhin bestand das Team ja aus 17 Mitgliedern und viele wären gerne dabei gewesen. Wir beschlossen, das Problem mit einer demokratischen Wahl zu lösen. Ein anonymer Poll im Wiki leistete da hervorragende Dienste. Nach der ersten Abstimmungsrunde lagen drei von uns ex aequo und eine Stichwahl war nötig. Schließlich durften Simone Reiter und Michael Grömer die Reise antreten.

Sonntag,
7. Februar 2010:

Wir sind gut in München angekommen! Miche Hösl, Doktorand am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie, hat uns tollerweise direkt am Bahnhof abgeholt und uns auch gleich den Weg zu unserer Pension in Planegg gezeigt. Das hätte sonst womöglich etwas länger gedauert. Anschließend sind wir noch gemütlich auf eine Pizza gegangen, während uns Miche eine Menge an Fragen bezüglich Uni, Doktorarbeit und der Wissenschaft allgemein beantwortete. Wirklich interessant, wie das alles so funktioniert - und gar nicht so einfach zu durchblicken. Man merkte total, welch begeisterter Wissenschaftler er ist.

Montag,
8. Februar 2010:

Gespannt starteten wir in den Tag! Ob wir das MPI wohl wirklich finden würden? Hatte uns Miche am Vortag alles gut genug erklärt?
Vollkommen ausgeschlafen (und mit einem super Frühstück im Bauch) machten wir uns auf den Weg. Tatsächlich lief alles nach Plan … Beim MPI angekommen meldeten wir uns bei der Rezeption an und bekamen sogleich ohne Probleme Ausweise, die uns den Aufenthalt für die gesamte Woche genehmigten. Ein Durchruf der Rezeptionistin zu Dr. Nediljko Budisas Abteilung genügte, und schon kam Miche, um uns den Weg zu zeigen. Er führte uns durch wirklich verwirrende Gänge hin zum Labor- und Bürotrakt, wo er uns gleich Nediljko, Lena und anderen Arbeitsgruppenmitgliedern vorstellte. Schon läutete die Glocke: Wir sind doch hier nicht in der Schule, oder? Verwunderung … So ist das also: Jeden Montag um 10 Uhr gibt es eine „Lagebesprechung“ der gesamten Abteilung. Nachdem das Rätsel um den verschwindenden Kaffee besprochen war, bot sie optimale Gelegenheit, uns - die Jungen hier - vorzustellen …
Dann hieß es "Auf geht’s!" Schließlich waren wir hier, um etwas zu lernen. Wir machten es uns also mit Miche in der Teeküche gemütlich und bekamen eine ausführliche Einführung über unsere bevorstehenden Arbeiten. Natürlich nützten wir diese Gelegenheit auch gleich aus, um viele Fragen zum Thema loszuwerden.
Im Lauf des Vormittages stellten wir ein Nährmedium her, gossen Agarplatten und SDS-Gele zum Untersuchen verschiedenster Proteine. Solche Gele kannten wir bereits von den Labortagen an unserer Schule, damals hatten wir diese jedoch nicht selbst hergestellt, weil dafür giftiges Acrylamid benötigt wird. Wir hatten bis zu diesem Tag nicht gewusst, dass so ein SDS-Gel immer aus zwei Teilen besteht, nämlich dem Trenn- und dem Sammelgel. Einen Teil unserer Aufmerksamkeit gewann gleich einmal das Photometer ... ein wahres Designerstück der Laborwelt! Die Mittagspause wurde gemeinsam mit ein paar anderen ForscherInnen in der Teeküche verbracht. Dabei wurde uns bewusst, wie wichtig so eine Mittagspause ist, wenn sie - wie hier - dem Austausch und der Beratung unter den WissenschaftlerInnen dient. Danach konnten wir unsere bereits fest gewordenen SDS-Gele und Agarplatten verräumen bzw. lagerfähig machen. Da es für heute keine passenden Aufgaben mehr gab, wurden wir bereits gegen 15 Uhr entlassen und konnten so noch eine Tour durch München starten. Und schon wieder waren wir gespannt - was wohl der nächste Tag so bringen würde? Wenn alles nach Plan liefe, würde uns morgen Lena Strube, eine Bachelor-Studentin, einiges zeigen. Naja, erstmal hieß es jetzt schlafen und uns erholen, sodass wir morgen voller Kräfte und viel Aufnahmevermögen erneut in das Abenteuer starten können würden.

Dienstag,
9. Februar 2010:

Wieder einmal ausschlafen … Arbeitsbeginn um 10 Uhr - einfach Spitze, so ein später Start in den Tag! Heute hatten wir volles Programm: Mit Lena führten wir eine Transformation von Bacillus subtilis mit einem Plasmidvektor durch und stellten einige DNA-Gele her. Mit Miche befüllten wir die am Vortag gegossenen Proteingele, färbten und entfärbten diese um sie anschließend auswerten zu können. Außerdem halfen wir Miche noch bei der Durchführung von Restriktionsverdau-Reaktionen, wobei unsere Pippetierfähigkeit auf die Probe gestellt wurde. Und das Photometer faszinierte uns wieder! Auf Knopfdruck spuckt es dir deine Messwerte aus und macht somit das ständige Herumtragen eines Blockes überflüssig. Zum Neidisch-werden sind aber auch die Bunsenbrenner, die sich von alleine, ganz ohne Feuerzeug, ein- und auch wieder ausschalten. Das "Tratschen" in der Teeküche schätzten wir jetzt schon sehr: Es entstanden immer äußerst spannende Gespräche und Diskussionen. Diesmal bekamen wir einen Einblick, wie es in der Wissenschaft wirklich so läuft und was man als Wissenschaftler auf keinen Fall machen sollte: Anscheinend kommt es immer wieder mal vor, dass ForscherInnen etwas veröffentlichen, was sie nur ahnen, jedoch noch nicht fertig bewiesen haben - allein des Ruhmes wegen! Eigentlich unglaublich, oder? Da so etwas in den meisten Fällen früher oder später auffliegt und innerhalb von Tagen die gesamte Wissenschaftsszene Bescheid weiß, sind solche "inkorrekten Behauptungen" aber ziemlich riskant und haben schon viele Jobs gekostet.
Nach diesem Tag war auch endlich das Rätsel über die Funktion des Massenspektrometers, zumindest im Groben, geklärt. Miche hat sich wirklich bemüht, uns die äußerst komplexe Funktionsweise etwas näher zu bringen, aber ganz werden wir es wohl nie verstehen. Jedenfalls ist es einfach unvorstellbar, was heutzutage schon alles möglich ist!

Mittwoch,
10. Februar 2010:

Ein echt spannender Tag! Wir durften mit Miche mittels His-Tag das GFP (green fluorescent protein) aufreinigen. Dieser Vorgang wird auch mit unseren im Schullabor erzeugten Enzymen stattfinden. Das GFP befand sich im Zellinneren. Um daran zu kommen, wurden die Zellen durch Ultraschallwellen zerstört und anschließend zentrifugiert, sodass Zellwandreste etc. abgeschieden werden konnten. Im nächsten Schritt bereiteten wir eine Nickelsäule vor. Als wir dann die Proteinlösung überführten, konnte man eine deutliche Grünfärbung der Säule erkennen. Dieses Protein mit seiner kräftigen giftgrünen Farbe ist wirklich faszinierend! Die Säule bindet durch die enthaltenen Nickelionen die mit His-Tag versehenen Proteine. Da auch andere, nicht gewünschte Proteine an der Säule schwach binden können, werden diese nur leicht haftenden Proteine vor dem Äquilibrieren noch durch mehrere Waschgänge gelöst. Dann wurde eluiert, was bedeutet, dass man die an der Säule mit dem His-Tag spezifisch gebundenen Proteine "erntete", also von der Säule löste. Diese sollten jetzt rein sein. Per Photometermessung bestimmten wir auch gleich die Proteinkonzentration, die uns gute Arbeit bestätigte. Das aufgereinigte Protein sowie auch die einzelnen Waschlösungen würden wir dann morgen auf ein Gel auftragen.
Miche nahm uns heute außerdem noch auf eine "Wanderung" durch das echt riesengroße MPI mit: zu Lissy, der Herrscherin über das Massenspektrometer.

Es ist wirklich beeindruckend, was dieses nicht gerade kleine Gerät leisten kann! Aus nur wenigen µl einer Probe ermittelt es die Masse eine Moleküls fast auf den kDa (KiloDalton) genau.

Donnerstag,
11. Februar 2010:

Schön langsam bekamen wir einen Überblick über die am häufigsten gebrauchten Labortechniken. Nachdem wir tags zuvor Proteine aufgereinigt hatten, war heute DNA an der Reihe. Diesmal wurden die Zellen chemisch (durch NaOH) aufgeschlossen. Durch einen Puffer fielen störende Proteine und Kohlenhydrate aus, welche wir abzentrifugierten. Die DNA blieb im Puffer gelöst und konnte direkt in die vorbereiteten Säulen überführt werden. Nach dem Äquilibrieren wurde die DNA zuerst mit Isopropanol und anschließend mit Ethanol gewaschen. Zuletzt haben wir die DNA getrocknet und in Wasser gelöst. Mit dem Nanotrop konnte die genaue Konzentration bestimmt werden. Zum Abschluss dieses Tages ließen wir dann ein Gel mit den gestrigen Proben von der GFP-Aufreinigung laufen und brachten das aufgereinigte GFP zur Massenspektrometer-Untersuchung. Mal schauen: Mit ein bisschen Glück war Lissy nicht zu beschäftigt und wir würden morgen schon die Messwerte bekommen ...

Freitag,
12. Februar 2010:

Und schon ist eine Woche um! Wir waren beide sehr überrascht, wie schnell diese Semesterferien vergangen waren. Den Freitag nützten wir, um alle Ergebnisse dieser Woche vollständig auszuwerten und zu dokumentieren. Außerdem hatten wir noch das Glück, den echten wissenschaftlichen Vortrag eines Professors namens Dr. Mohamed A. Marahiel von der Universität in Marburg besuchen zu können. Er fasste in einer Stunde die Ergebnisse zusammen, die er mit seiner Arbeitsgruppe in 20 Jahren erarbeitet hatte. Echt spannend! Er hatte erforscht, dass es neben den Ribosomen noch einen anderen Weg gibt, wie kleine Proteine (Peptide) entstehen können. Auf diese Art und Weise werden zum Beispiel Antibiotika in Organismen produziert. Es war wirklich toll, einmal zu sehen, wie so etwas abläuft. Dass wir kaum etwas verstanden haben, lag wohl nicht nur an der englischen Sprache, sondern auch an fehlendem Fachwissen. Aber wir nahmen es nicht so tragisch - schließlich haben wir ja auch noch nicht studiert!
Zum Abschluss gingen wir alle gemeinsam in die Mensa mittagessen. Bis wir unsere sieben Sachen beisammen hatten und mit der Verabschiedung von allen unseren netten "ArbeitskollegInnen" fertig waren, war es 15 Uhr. Puh, geschafft! Gerade noch rechtzeitig, dass Miche noch zum Fußballspielen kam und wir unseren Zug erwischten. Etwas erschöpft waren wir jetzt schon, nach dieser Woche voll neuer Eindrücke und Erfahrungen. Zweifel bestand jedoch keiner: Die "geopferte" Ferienwoche am MPI war ein voller Erfolg und hat sich auf jeden Fall ausgezahlt!

Hätten wir diese Gelegenheit nicht genützt, wir hätten es sicherlich bereut. Es war eine einmalige Möglichkeit, Einblick in den Alltag des Forscherlebens zu gewinnen. Durch diese "Schnupperwoche" bauten wir unser Fachwissen und unsere soziale Kompetenz gleichzeitig aus. Eine größere Hilfe zur Studienwahl nach der Matura kann es kaum geben!