Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, die vor allem Personen über dem 65. Lebensjahr betrifft und ungefähr 60 Prozent der weltweiten Demenzerkrankungen ausmacht.
Charakteristisch ist eine zunehmende Verschlechterung der Denkleistungsfähigkeit, die zu starken Einschränkungen und Verhaltensauffälligkeiten im Alltag führt.
Alzheimer ist bis heute nicht vollständig heilbar.
Einer der wesentlichen Faktoren für die Entstehung von Alzheimer sind die sogenannten „senilen Plaques“. Sie bilden sich bereits viele Jahre bevor erste klinische
Symptome auftreten. Es ist dies derselbe Prozess, der umgangssprachlich manchmal „Verkalkung“ genannt wird. Molekularbiologisch gesehen bestehen senile Plaques aus fehlerhaft
gefalteten Beta-Amyloid-Peptiden (Aβ). Zur Freisetzung dieser Aβ kommt es, wenn das Enzym BACE1 (Beta-Site Amyloid Precursor Proteincleaving Enzyme 1) das Vorläuferprotein
APP (Amyloid Precursor Protein) spaltet. Das Enzym BACE1 spielt also eine entscheidende Rolle für die Bildung der senilen Plaques.
Im Jahr 2008 hat ein Team rund um die Wissenschafterin Wang-Xia Wang festgestellt, dass das BACE1-Level in den Gehirnen von Alzheimer-PatientInnen signifikant erhöht ist, während
gleichzeitig das Level der microRNA-107 sehr niedrig ist (siehe Lit. 1). MicroRNAs (miRNA) sind kurze, nicht kodierende RNAs, die eine wichtige Rolle in der Genregulation spielen.
Sie regulieren hochspezifisch, indem z.B. die betroffene messengerRNA (mRNA) abgebaut bzw. die Bildung des zugehörigen Proteins beeinflusst wird.
Auf Basis der Studie Wangs entwickelten wir die Hypothese, über eine künstliche Erhöhung und Senkung des miRNA-107-Levels das BACE1-Level steuern zu
können – und damit die Bildung der gefährlichen senilen Plaques. Wir sahen hier eine Chance, einen kleinen, aber wichtigen Beitrag zum Verständnis von
Morbus Alzheimer zu leisten.
Ausgehend von unserer Annahme konzeptionierten wir unsere Laborarbeit: Wir wollten in „Alzheimer-Zellen“ das miRNA-107-Level künstlich erhöhen, um zu
sehen, ob sich das BACE1-mRNA-Level dadurch verringern würde. Unsere Recherchen in der einschlägigen Literatur ergaben, dass ein solcher Versuch in dieser Form noch
nicht durchgeführt worden war.
Als Zellkulturmodell wählten wir eine in der medizinischen Forschung übliche Zelllinie mit der Bezeichnung SH-SY5Y. Es handelt sich um spezielle humane Gehirnzellen
mit Alzheimer-Charakteristika. Für die Laborarbeit war damit Sicherheitsstufe 1 erforderlich, was wir in unserem Schullabor problemlos gewährleisten konnten. Wir
vermehrten die Zellen der Stammlinie in ausreichender Menge hoch und isolierten deren RNA. Diese RNA wurde dann in cDNA umgeschrieben und mittels quantitativer Realtime-PCR
wurden die Levels der mRNAs von BACE1 und der miRNA-107 gemessen.
Anschließend erhöhten wir in Teilen unserer Zellkultur mittels Transfektion das miRNA107-Level. Dazu wurde eine synthetisch hergestellte Vorläufer-miRNA-107
in die Zellen eingebracht, die dann im Zellinneren ganz ausreifen konnte und ggf. in das BACE1-Level eingreifen kann. Wir versuchten es mit 24h und 72h Transfektionszeit.
Die behandelten Zellen wurden schließlich mit unbehandelten Kontrollzellen verglichen. Wir erwarteten in den Kontrollzellen ein hohes Level an BACE1, in den
transfizierten ein vergleichsweise niedriges.
Das Ergebnis: Bei den 24-stündigen Transfektionsversuchen sank einmal das BACE1-Level auf 55,2%, einmal auf 36,4%. Bei der 72-stündigen Transfektion konnte sogar
eine Senkung auf 15,7% erreicht werden.
Unsere Studie zeigt somit, dass sich die Transfektion mit miRNA-107 auf das mRNA-Level von BACE1 auswirkt und sie legt damit eine starke Rolle dieser miRNA in der Regulierung
dieses für Morbus Alzheimer so bedeutsamen Enzyms nahe. Hätten wir die Zeit und das Geld, unsere Versuche oft genug zu wiederholen, um statistische Signifikanz zu
erreichen, käme man sehr wahrscheinlich zu einem wissenschaftlich publizierbaren Ergebnis, das eine gute Ergänzung zum Paper von Wang et al. darstellen würde.
Unsere Studie ist damit ein Beitrag zum besseren Verständnis der molekularen Grundlagen hinter Morbus Alzheimer und ein kleiner Beitrag zur Suche nach Ansatzpunkten im
Kampf gegen diese Krankheit.
Neben den molekularbiologischen Hintergründen von Alzheimer interessierten uns auch die klinischen, psychologischen und sozialen Aspekte der Krankheit. Die Arbeit im
Labor war für uns zwar sehr wichtig, aber wir wollten unsere Beschäftigung doch noch umfassender gestalten. Deshalb luden wir MedizinerInnen für Vorträge
ein und organisierten einen Workshop mit einer Gesundheitspsychologin. Schließlich besuchten wir zusammen mit ExpertInnen das Haus der Senioren in Kuchl sowie die
geriatrische Station an der Christian-Doppler-Klinik, wo wir die Möglichkeit bekamen, uns sowohl mit den Betroffenen als auch mit ihren BetreuerInnen zu unterhalten.
Auf diese Weise lernten wir einiges über den adäquaten und respektvollen Umgang mit demenzkranken Personen.
Lit. 1:
Wang, Wang-Xia (2008): The Expression of MicroRNA miR-107 Decreases Early in Alzheimer's Disease and May Accelerate Disease Progression
through Regulation of β-Site Amyloid Precursor Protein-Cleaving Enzyme 1. In: http://www.jneurosci.org/content/ 28/5/1213.full, aufgerufen am 19.2.2012.