Ergebnis - Diskussion

[Laborarbeit - Laboranalytik]

Am Anfang unseres Projektes hofften wir, so viel Reinstickstoff in unseren Kulturen erreichen zu können, dass es für einen Landwirt wirtschaftlich sein würde, das Substrat wie Gülle auf die Felder auszubringen. Dies wäre erst ab einem Reinstickstoffgehalt von 2-3kg/m3 im Substrat möglich gewesen. Da wir jedoch ohne nachträgliche Konzentrierung oder Separierung der Blaualgen nur max. 0,3kg/m3 erreichen konnten und auch die benötigten Volumsmengen eines durchschnittlichen österreichischen Bauern nicht schafften, suchten wir nach einer alternativen wirtschaftlichen Einsatzmöglichkeit in der Praxis.

Dabei kamen wir auf folgende Ideen:

1. ) Sedimentation - Konzentrierung der Cyanobakterien.

Man könnte die Bakterien kurze Zeit in einem Becken zwischenlagern. Hier würden sich die Bakterien am Grund absetzen, wo eine über 10 mal größere Bakteriendichte entstünde (vgl. Messreiche 3). Dieser untere und dann konzentrierte Substratbereich des Sedimentationsbeckens würde sehr einfach separat abgeführt und verwendet werden können. Dies wäre technisch ohne großen Aufwand durchführbar.

Im Sediment könnten dann 4 bis 10kg Trockenmasse  und 1 bis 3kg Reinstickstoff pro Kubikmeter erreicht werden. Die Ernte würde entweder im Monatsrthymus mit einem Substrataustausch oder - besser - kontinuierlich einmal am Tag in geringeren Mengen z.B. in eine bestehende Güllegrube erfolgen.

Vorteile:

Das Substrat hätte genügend Stickstoffgehalt für eine direkte Ausbringung. Der in der Trockenmasse gebundene Kohlenstoff würde gemeinsam mit dem langsam verfügbaren, in Aminosäuren gebundenen Stickstoff den Humusaufbau im Boden fördern.

(lösbare) Nachteile:

Man würde noch mehr Substratvolumen in der Produktion und sehr große Sedimenationsbecken benötigen, wenn keine kontinuierliche Ernte möglich wäre. Wenn man nicht regelmäßig ausbringen könnte, wäre große und eher unrentable Lagermöglichkeit nötig.

Das Volumen ist sicherlich anlagentechnisch beschränkt, daher ist nie ein vollständiger Ersatz der herkömmlichen Düngung erreichbar.
Eine  Ergänzung, eine Aufwertung von bereits bestehenden flüssigen Düngesystemen im landwirtschaftlichen Betrieb wäre dahingegen durchaus eine mögliche Vision. In einem Stall könnte man die Abwärme der Tiere nutzen und ganzjährig produzieren. Da es im Stall in der Regel für Cyanobakerien zu dunkel für eine aussreichnende Wachstumsrate ist, müssten Tageslichtlampen eingesetzt werden. Die Energie dafür sollte wohl am ehesten mit Photovoltaikanlagen zugeführt werden, um dem Klimaschutzgedanken zu entsprechen. Das zusätzliche, künstliche, Tageslicht würde auch die Tiergesundheit im Stall fördern.

2.) Nutzung als Gießwasser in Gewächhauskulturen - ohne Konzentrierung

In Österreich werden rund 420ha unter Glas und Folie landwirtschaftlich bewirtschaftet, davon ca. 70% mit Gemüse. In Wien stehen ca. 200ha unter Glas. Davon werden 130ha beheizt und ganzjährig kultiviert. Kulturen unter Glas müssen täglich gegossen werden, wobei je nach Kultur und Jahr 100-300 Liter/m2 benötigt werden. Der jährliche Reinstickstoffbedarf geht bis zu 0,06kg/m2 bzw. 600kg pro ha. Ein moderner Wiener Gemüsebaubetrieb (mit Wien Umgebung = NÖ, Bgld.) produziert Fruchtgemüse (Paprika, Tomate, Gurke) auf durchschnittlich 2ha Glashausfläche. Die Produktion erfolgt in „Substratkultur“ (= bodenungebunden auf Steinwoll- oder Kokosmatten) und als „Ganzjahreskultur“ von Mitte Jänner bis Mitte November (KD 40–45). Die Düngung und Bewässerung erfolgt computergesteuert gemäß Düngemenü mit Tröpfchenbewässerung im geschlossenen Kreislauf (35% Drain, Wiederverwertung). Die Konzentration der Nährstoffe in diesem Wasser ist vergleichweise gering. Eine Tomate benötigt ca. 250g/m3 Reinstickstoff. Das wäre also gut passend zu unseren Werten der Blaualgenkulturen.

Die größeren Betriebe sammeln das Regenwasser der Glashausflächen in offenen Folienteichen unterschiedlicher Kapazität (bis ca. 30.000 m³). Das Verhältnis bei der Bewässerung zwischen Regen- und Brunnenwasser liegt zwischen 25% und bis zu 60% Regenwasseranteil (je nach Sammelkapazität).

Im Gegensatz dazu setzen Biobetriebe ihre Pflanzen noch auf Erde und dürfen ausschließlich natürliche Dünger verwenden. Der Gießwasserbedarf ist aber dadurch bedeutend höher und liegt je nach Kultur und Witterung bei 4-10 Liter pro Quadratmeter und Tag.

Das mit Stickstoff und Biomasse angereicherte Algensubstrat würde zur Aufwertung des Gießwassers führen und könnten gleichzeitig in den für die Bewässerung vorgesehenen Regenwassertanks gelagert werden. In den Wasserteichen wäre genügend Luft, Licht und Sonne vorhanden. Dort könnten die Blaualgen weiterwachsen und auch noch das gesammelte Regenwasser aufwerten. In Folge müsste weniger mineralischer Stickstoffdünger beigemengt werden.

Vorteile:

Die Nährstoffkonzentration des Algenröhrenreaktors passt ausgezeichnet für die Bewässerung von Unterglaskulturen wie Gemüse.

Das Verteilungs- und Speichersystem besteht bereits, der Algenreaktor speist ins etablierte System ein.

Im Regenwasser, das in den großen Sammelbecken gesammelt wird, können die Blaualgen weiter gedeihen. Durch die ständige Zugabe und Ernte aus dem Algenreaktor könnten sie vermutlich auch gegen die eigentlich konkurrenzfähigeren und unerwünschten Grünalgen im Regenwasserteich bestehen.

Das System zum Mischen der Nährstammlösung für die Cyanobakterien, die einzelnen Stammlösungen, wäre auch bereits vorhanden.

Die Kosten für 1m³ Nährlösung für die Cyanobakterien beträgt zwar nur € 0,09 (Stand Jänner 2009), aber auch die hätte der Gärtner sowieso in sein Gemüse investieren müssen.

In den hellen, beheizten Gewächshäusern findet sich vielleicht auch Platz für Teile des Röhrenreaktors, z.B. an der Decke. Dann könnten auch die Cyanobaktierien das ganze Jahr hindurch gedeihen.

Eine kontinuierliche regelmäßige Ernte und ständige Auffrischung des Algenreaktor mit neuem, stickstofffreiem Blaualgennährmedium regt die Cyanobakterien zur Bildung von mehr Heterozysten und somit zu noch höherer Stickstoffproduktion an. Da die Regenwassertanks vorhanden sind, ließe sich diese ständige Ernte aus dem Algenreaktor realisieren.

(lösbare) Nachteile:

Die Cyanobakterien könnten die Tropfsysteme der Bewässerung verstopfen. Es müssten also beim Ansaugen des angereicherten Wassers aus dem Regenwasserspeicher entweder ein Filter vorhanden sein oder die Blaualgen mechanisch homogenisiert und zerkleinert werden. Dafür würde ein System ähnlich einem Stabmixers möglicherweise ausreichen.

Der vorher angeführte Vorteil für Biogärnter, dass der Stickstoff großteils organisch gebunden ist, ist für die Gemüsesubstratkultur ein Nachteil. In einem Gewächshaus, in dem die Pflanzen ausschließlich auf Kokosmatten wachsen, müsste der organisch gebundene Stickstoff zuerst z.B. mit Enzymen verfügbar gemacht werden. Dies könnte aber durch symbiotische Bakterien, die die toten Blaualgen abbauen, passieren. Der Einsatz dieser Bakterien wäre bereits im Regenwasserspeicher oder auch in den Kokosmatten denkbar. Schon heute mischen die Gärtner sogenannte effektive Mikroorganismen dem Gießwasser bei, um die Pflanzengesundheit zu fördern.

Der Nährstoffgehalt schwankt je nach Wachstumsrate. Um eine genaue Nährstoffmischung zu gewährleisten, muss ein automatisches Analysesystem überlegt werden.

Mit dieser Idee kontaktierten wir einige Gewächshausexperten. Dabei stießen wir auf Dipl. Ing. FH Gregor Hoffmann von der Landwirtschaftskammer W/NÖ, der in der Gartenbauberatung tätig ist. Nachdem wir ihm unsere Idee genauer erläutert hatten, bot er uns sofort an, sich mit uns zu treffen, um mit ihm und einem seiner Projektmanager die Thematik der Algendüngung in Glashäusern ausführlicher zu erörtern und möglicherweise einen ersten Praxistest zu starten. Die Idee fällt also auf fruchtbaren Boden.

Leider sind Cyanobakterien quasi die "Schläfer unter den Bakterien". Sie teilen sich eher langsam. Wir schafften unter Laborbedingen eine Verdopplungsrate der Trockenmasse von rund 5 Tagen. Möglicherweise kann man durch Optimierung auf eine Verdopplungsrate von 1-2 Tagen kommen. Aber auch das ist viel langsamer als erhofft. Somit ist klar, dass es auch die nächsten Jahre nicht wirtschaftlich sein wird, mit Cyanobakterien Luftstickstoff zu binden und zu verwerten.