Welche Rolle spielen möglicherweise Spurenelemente wie Eisen, Kupfer oder Zink?
Es zeigte sich in unserer Untersuchung im Rahmen einer sogenannten Korrelationsanalyse (Spearman Rank Correlation Analysis; statistische Bewertung der Zusammenhänge von unterschiedlichen Faktoren) ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen den sogenannten metabolischen Faktoren (Triglyceride, niedriges HDL-Cholesterin, Insulin, BMI, Blutdruck) und den Eisen- und Kupferwerten. Obwohl in unserer Schule sämtliche Werte des Eisenspeicherwertes Ferritin (Normalwert 15-300ng/ml) im Normbereich lagen, konnte man sehen, dass hier höhere Werte mit praktisch sämtlichen Risikofaktoren für spätere Erkrankungen einhergingen. Dieser Zusammenhang zwischen erhöhten Ferritinwerten und dem vermehrten Auftreten von Diabetes und kardiovaskulären Risikofaktoren ist bei Erwachsenen bekannt.(7) Hier wurde auch eine günstige Wirkung von Aderlässen (Entfernung von Eisen aus dem Körper) nachgewiesen. Bisher konnte allerdings noch niemand zeigen, dass dieser Zusammenhang bereits bei Jugendlichen mit „normalen“ Ferritinwerten besteht, was auf eine frühzeitige Beteiligung von leichtem Eisenüberschuss im Körper an der Entstehung von Fettleber, hohem Blutdruck und Fettstoffwechselstörung hindeutet.
In ganz ähnlicher Weise konnten wir einen Zusammenhang von höheren Kupferwerten im Blut mit diesen Risikofaktoren erkennen. Dies ist insofern bemerkenswert, als eine Beteiligung von Kupfer an der Entstehung von Wohlstandskrankheiten auf vielfältige Weise möglich ist. Bei Erwachsenen scheint vor allem der Mangel an Kupfer eine Rolle zu spielen.(8) Es wurde allerdings bereits vor Jahren ein möglicherweise gegenteiliger Zusammenhang mit dem Blutdruck bei Jugendlichen beschrieben, nämlich, dass hier niedrige Kupferwerte mit niedrigem Blutdruck und der besseren Funktion von Blutgefäßen zusammenhängen. In unserer Auswertung konnten wir eine enge Verbindung von höheren Kupferwerten mit höheren Blutfetten, höherem Blutdruck und höheren Leberwerten sehen. Somit scheint bei Jugendlichen im Unterschied zu Erwachsenen eher ein Zuviel an Kupfer als der Kupfermangel problematisch zu sein.
Bei allen SchülerInnen wurden auch der Zinkspiegel im Blut bestimmt, allerdings konnten keine Zusammenhänge von Zink mit den oben beschriebenen Risikofaktoren gefunden werden, was eine relevante Bedeutung von Zink unwahrscheinlich erscheinen lässt.
Zur Veranschaulichung der Zusammenhänge zwischen den Spurenelementen Eisen und Kupfer und den untersuchten Risikofaktoren wurden die Ergebnisse in Tabellen dargestellt, wobei die Ergebnisse für Mädchen und Burschen getrennt berechnet wurden. Es wurden jeweils die gemessenen Werte von Ferritin und Kupfer in Viertel eingeteilt, d.h. die höchsten 25%, die jeweils nächstniedrigen 25%, und die niedrigsten 25% wurden in Gruppen zusammengefasst, sogenannte Quartile. Danach wurden die Unterschiede zwischen der ersten Gruppe und der letzten berechnet um zu sehen, ob hohe und niedrige
Insgesamt legen somit unsere Ergebnisse nahe, dass sowohl der Kupfer- als auch der Eisenstoffwechsel mit der Entstehung von Wohlstandserkrankungen in Beziehung stehen und es ein lohnender Ansatz sein könnte, diese Wechselwirkungen genauer zu untersuchen, um bei Jugendlichen so effektiv wie möglich der Entstehung des Metabolischen Syndroms vorbeugen zu können.
Welche Rolle spielen Ernährung und Lebensstil?
Ein wichtiger Teil unseres Projektes bestand auch in einer detaillierten Erhebung der Ernährungsgewohnheiten der SchülerInnen unserer Schule. Nach Auswertung der Laborwerte und der Körpermaße wurden diese in Beziehung zu den Ergebnissen des Ernährungsfragebogens gesetzt, um auf diese Art mögliche Hinweise auf besonders schädliche oder auch günstige Lebens- und Ernährungsgewohnheiten zu finden. Schließlich wollten wir auch praktische Tipps zu einer positiven Veränderung und damit Risikoverringerung geben können. Die Ernährungsdaten wurden nach der Erstellung einer Datenbank mittels Spearman Rank Korrelationsanalyse zu den Laborwerten in Beziehung gesetzt.
Der augenscheinlichste Zusammenhang konnte überraschenderweise zwischen der Höhe der untersuchten Risikofaktoren und dem regelmäßigen Konsum von Alkohol, insbesondere Bier und hochprozentigen Getränken gefunden werden. Hier zeigte sich, dass Schüler mit mehr als 4 Bier in der Woche und solche mit Erfahrung bei hochprozentigen Getränken bereits deutlich höhere Bauchumfänge, Hüftumfänge, Blutdruckwerte und Blutfette aufwiesen. Dem Thema von schädlichem Alkoholgebrauch unter Jugendlichen ist durch die mediale Berichterstattung zum sogenannten Komasaufen in den letzten Jahren reichlich Aufmerksamkeit geschenkt worden.
Unsere Ergebnisse weisen auf einen weiteren Aspekt hin, der erst in einigen Jahrzehnten eine Rolle spielen wird, nämlich die Erhöhung des Risikos für Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Der regelmäßige und geringe Konsum von Wein, insbesondere Rotwein, wird allgemein als schützend vor eben diesen Erkrankungen eingestuft.
Da es sich bei unserer Untersuchung nur um einen Querschnitt durch unsere Schule handelt, können wir keine Aussage treffen, ob Alkohol an sich der schädigende Faktor ist oder ob er nur ein Hinweis, ein Indikator, für einen allgemein ungesünderen Lebensstil ist. Unbestritten ist, dass Alkohol sehr viel Kalorien in sich birgt (7.1kCal/g Alkohol) und somit bereits bei Jugendlichen den Grundstein für späteres Übergewicht, Fettsucht und die verbundenen Erkrankungen legen kann. Zusätzlich hing die Menge des konsumierten Alkohols auch unmittelbar mit den gemessenen Werten des Eisenspeicherwertes Ferritin zusammen, d.h. wiederum: je höher die konsumierten Alkoholmengen waren, desto höher waren die Eisenwerte.
Dieser Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Eisen ist zwar bekannt,(9) weiters ist der Zusammenhang zwischen Eisen und dem Metabolischen Syndrom bekannt.(7) Es ist allerdings noch nicht gezeigt worden, dass alle drei, und dies besonders bei Jugendlichen, unmittelbar in Beziehung stehen und Alkoholkonsum im Jugendalter eine Rolle in der Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen spielen könnte.
Tatsache reflektiert, dass SchülerInnen mit Übergewicht auch Diätversuche auf sich nehmen. Diese sind allerdings offensichtlich nicht erfolgreich, da die gemessenen Werte trotzdem über denen der übrigen SchülerInnen lagen. Der gleiche Zusammenhang wurde für SchülerInnen festgestellt, die angaben, dass sie im vergangenen Jahr den Fettanteil in ihrer Nahrung reduziert hätten.
Hinsichtlich der untersuchten Kupferwerte ergab sich interessanterweise keine Verbindung zwischen niedrigen Kupferwerten und ausgeprägteren Risikofaktoren, wie dies bei älteren Erwachsenen der Fall ist. Im Gegenteil, es konnte sogar klar gesehen werden, dass höhere Kupferwerte mit stärker ausgeprägten Risikoprofilen einhergingen. Die besonderen Ernährungsgewohnheiten, die mit hohen Kupferwerten auftraten waren - passend dazu - der verstärkte Konsum von Alkohol und Fast Food.
Zusammenfassung:
Wir konnten in unserer Schule einen eindeutigen Trend zur Entwicklung von Wohlstandskrankheiten rund um Diabetes und Bluthochdruck erkennen, die bereits in einem normalerweise nicht fassbaren Stadium unbedingt ernst genommen werden sollte. Besonders ein Zuviel an Eisen und Kupfer scheint deutlich mit dem ausgeprägteren Risikoprofil für das zukünftige Auftreten von Herzkreislauferkrankungen und Insulinresistenz in Verbindung zu stehen - wenngleich hier noch keine erhöhten Werte vorlagen. Bei Erwachsenen stellt in dieser Situation die Therapie mittels Aderlässen zur Entfernung von Eisen eine bekannte Maßnahme dar. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass auch auf innerhalb der Norm liegende erhöhte Werte bei Jugendlichen ein besonderes Augenmerk gelegt werden sollte. Die Rolle von Kupfer sollte unbedingt medizinisch und physiologisch untersucht werden, um bestimmen zu können, ob es sich nur um eine Begleiterscheinung handelt oder tatsächlich um einen Faktor, der auch einen therapeutischen Ansatzpunkt bietet.
Schließlich konnten wir einen sehr engen Zusammenhang erkennen zwischen dem Konsumverhalten von Alkohol sowie der Regelmäßigkeit von Mahlzeiten und den sich entwickelnden Risikofaktoren.
Angesichts unserer Ergebnisse denken wir, dass Aufklärung hinsichtlich Ernährungsgewohnheiten, Alkohol und der Gefahr von Herzkreislauferkrankungen und Diabetes bereits im Schulalter stattfinden sollte. Dieser Aufklärung sollte als präventive Maßnahme in unserer Gesundheitspolitik besondere Aufmerksamkeit zukommen.
Wir sind stolz, dass aufgrund dieser unserer Ergebnisse eine Medizinstudentin die Thematik aufgreifen und im Rahmen einer Dissertation näher untersuchen wird. Weitere Dissertationen werden angepeilt. Dr. Elmar Aigner und Univ.-Prof. Dr. Christian Datz streben fortführende wissenschaftliche Untersuchungen an, um unsere erstaunlichen Auswertungen zu
Tabellen 3: Korrelation Eisen u. Kupfer mit metabolischen Risiken
Tabelle 4: Korrelation Alkoholkonsum mit metabolischen Risiken
Werte von Eisen und Kupfer einen Unterschied ausmachen. Es kann in den Tabellen 3 sehr gut verfolgt werden, dass jeweils hohe Werte an Eisen und Kupfer (oben) mit höheren Risikofaktoren einhergehen.
Z.B. liegt der Ferritinwert in der ersten Quartile der Burschen zwischen 243.5 und 100.8ng/ml, der in der untersten zwischen 43.9 und 12.5ng/ ml. Die erste Gruppe (ein Viertel unserer Schüler) hatte mit einem BMI von 23.9 ±3.5 einen deutlich höheren als diejenigen mit den niedrigsten Ferritinwerten, nämlich 20.4 ±2.4ng/ml. In ähnlicher Weise sieht man bei den Mädchen mit den höchsten Kupferwerten zwischen 193-109μg/dl auch deutlich höhere Triglyceridwerte von 105.8 ±39.6 verglichen mit den Mädchen mit den niedrigsten Kupferwerten (unterste Zeile der Tabelle, Quartile 4, 80-64 μg/dl), wo Triglyceride von 68.1 ±23.0 gemessen wurden.
Die letzte Zeile der Tabellen stellt jeweils die statistische Signifikanz des Unterschiedes zwischen der ersten und der letzten Gruppe dar. Wenn dieser Wert kleiner als 0,001 ist bedeutet das, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis des Vergleichs zufällig zustande gekommen ist, weniger als 0,1% ist. Oder umgekehrt, dass die verglichenen Werte zu 99,9% direkt zusammenhängen. Als statistische Analyseverfahren wurden zum Gruppenvergleich der sogenannte Student’s t- Test und Mann-Whitney-U Tests angewandt.
Eine weitere Auffälligkeit, die einen sehr interessanten Blickwinkel auf unsere Gewohnheiten eröffnete, war ein (umgekehrter) Zusammenhang zwischen der Anzahl der Mahlzeiten an einem Tag und sämtlichen gemessenen Körpermaßen.
Diejenigen, die den Konsum von mehreren Mahlzeiten pro Tag angaben, hatten weniger Bauch- und Hüftumfang, niedrigeren BMI und auch eine bereits niedrigere Insulinresistenz (HOMA-IR). Umgekehrt sahen wir, dass SchülerInnen, die auf einzelne Mahlzeiten verzichten, wie z.B Frühstück oder Abendessen, diese Lücke durch die konsumierte Menge weit mehr als ausgleichen.
Diese Gewohnheit führt schließlich zu mehr zugeführter Energie und damit Übergewicht. Hieraus ist als positiver Ansatz abzuleiten, dass Jugendliche unbedingt zu regelmäßigen, kleineren Mahlzeiten angehalten werden sollten, da diese Gewohnheit weniger Kalorienzufuhr bedeutet, folglich eine Verringerung von kardiovaskulären Risikofaktoren. Eine ähnliche Korrelation besteht zwischen den bereits durchgemachten Diätversuchen, dem BMI und dem Verhältnis Bauch/Hüfte, wobei dies wahrscheinlich vor allem die
untermauern. Erstmals haben damit SchülerInnen der HLFS Ursprung die Chance, als AutorInnen in professionellen wissenschaftlichen Publikationen mitarbeiten zu können.
Literaturverzeichnis
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