Der Schutz genetischer Daten aus rechtlicher Sicht

Schwerpunkte der juristischen Diskussion über den Schutz genetischer Daten von Menschen liegen im Straf-, Arbeits- und Versicherungsrecht.

Im Strafverfahren wird die molekulargenetische Untersuchung angewendet, um Täter aufgrund biologischer Spuren zu identifizieren. Vom Staat gespeichertes Datenmaterial wird hier bereits vom Verfassungsrecht geschützt. Die Europäische Menschenrechtskonvention enthält das Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zählen genetische Daten zum Privatleben und sind von dieser Bestimmung geschützt. Aufgrund ungerechtfertigter Speicherung oder Verwendung solcher Daten kann der Staat letztlich vor diesem Gerichtshof „geklagt“ werden.

Literatur:

Eisenberger/Hödl, GATTACA; oder: Brauchen wir ein eigenes Grundrecht auf Wahrung genetischer Information? Juridicum 2003, 113.

Tretter, Der digital bewegte Mensch; Europäische Präsidentenkonferenz, AnwBl 2010, 165.

Löschnigg, Datenschutz und Kontrolle im Arbeitsrecht, RdA 2006, 459.

Genetische Daten können auch von Arbeitgebern und Versicherern missbraucht werden. Sie machen die medizinische Voraussage bestimmter Krankheiten möglich. Aufgrund erhöhter Risikoanfälligkeit für Krankheiten droht betroffenen Arbeitnehmern oder Versicherungsnehmern die Gefahr, am Arbeitsmarkt diskriminiert zu werden oder keine Krankenversicherung zu „leistbaren“ Prämien zu finden. Gesetzliche Regelungen, die davor schützen, finden sich im Datenschutzgesetz. Danach hat jeder Mensch das Recht auf Geheimhaltung ihn betreffender Informationen, sohin auch von Daten, die in seiner DNA enthalten sind. Wichtiger ist aber das Gentechnikgesetz. Der Gesetzgeber hat das Missbrauchspotential gerade durch Arbeitgeber und Versicherer erkannt und festgelegt, dass es diesen verboten ist, von (potentiellen) Arbeitnehmern und Versicherungsnehmern Ergebnisse genetischer Analysen zu erheben. Auch das Verlangen von Körpersubstanzen für genanalytische Zwecke oder die Verwendung zufällig erhaltener oder geheim ermittelter Daten ist nicht erlaubt. Arbeitgebern oder Versicherern, die sich daran nicht halten, droht eine Strafe von bis zu € 36.300,--.

Abschließend ist festzuhalten, dass eine umfassende Darstellung des einschlägigen rechtswissenschaftlichen Meinungsstandes den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Da der Gesetzgeber in diesem Bereich aber immer ein wenig der Wissenschaft hinterherhinkt, liefern die Erkenntnisse der SchülerInnen der HLFS Ursprung unter der Leitung von Konrad Steiner möglicherweise Denkanstöße, die derzeitige Rechtslage auf allfällige Regelungslücken und allenfalls erforderlichen legistischen Verbesserungsbedarf zu durchleuchten.

Autor: Wolfgang Gappmayer
ist Rechtsanwaltsanwärter in Wien und war als Schüler der HLFS-Ursprung im Team des Projekts "Gentechnik in der Schule" im Schuljahr 1997/98.

Europäische Menschenrechtskonvention,

BGBl.Nr. 210/1958 zuletzt geändert durch BGBl. III Nr. 30/1998

Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Datenschutzgesetz 2000

BGBl. I Nr. 165/1999

Artikel 1  Grundrecht auf Datenschutz

§ 1.(1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Gentechnikgesetz

BGBl. Nr. 510/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 127/2005
Verbot der Erhebung und Verwendung von Daten aus genetischen Analysen für bestimmte Zwecke

Art.1  § 67. Arbeitgebern und Versicherern einschließlich deren Beauftragten und Mitarbeitern ist es verboten, Ergebnisse von genetischen Analysen von ihren Arbeitnehmern, Arbeitsuchenden oder Versicherungsnehmern oder Versicherungswerbern zu erheben, zu verlangen, anzunehmen oder sonst zu verwerten. Von diesem Verbot sind auch das Verlangen nach Abgabe und die Annahme von Körpersubstanz für genanalytische Zwecke umfasst.