Die Pflanze Stevia (Stevia rebaudiana), auch bekannt unter den Namen Honigblatt und Süßkraut, ist eine kleine Staude aus Südamerika. Sie stellt eine gesunde, natürliche und kalorienfreie Alternative zu Zucker und Süßstoffen dar. In Japan hat sie längst den Süßungsmittel-Markt erobert.

Pflanze

Ihren Ursprung hat die Pflanze in Paraguay (Südamerika), wo sie schon seit Jahrhunderten von den Einheimischen zum Süßen und für medizinische Zwecke verwendet wird. Stevia ist eine einjährige, nicht frostharte Pflanze, die bis zu einem Meter hoch werden kann. Die selbststerile Steviapflanze, die durch den Wind bestäubt wird, hat weiße Blüten. Ihre bis zu 3 cm langen Blätter werden in getrockneter Form gerne direkt zum Süßen von Tees verwendet.

Inhaltsstoffe

Über 100 pflanzliche Wirkstoffe wurden in der Steviapflanze festgestellt. Die meisten von ihnen zählen zu den Gruppen der Terpene und Flavonoide. Für die Süße sind hingegen verschiedene Glycoside verantwortlich. Neben Steviosid und Rebaudiosid A (auf die unten noch näher eingegangen wird) enthalten die Blätter auch noch Steviole, Rebaudiosid C, -D, -E, -F und Dulcosid A.

Steviol Glykoside mit den dazugehörigen chemischen Resten nach Geuns

Name der Verbindung
R1
R2
Steviol
H
H
Steviolbiosid
H
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
Steviosid
ß-Glc
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
Rebaudiosid A
ß-Glc
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
|
ß-Glc (3 à 1)
Rebaudiosid B
H
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
|
ß-Glc (3 à 1)
Rebaudiosid C (Dulcosid)
ß-Glc
ß-Glc - a-Rha (2 à 1)
|
ß-Glc (3 à 1)
Rebaudiosid D
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
|
ß-Glc (3 à 1)
Rebaudiosid E
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
ß-Glc - ß-Glc (2 à 1)
Rebaudiosid F
ß-Glc
ß-Glc - ß-Xyl (2 à 1)
|
ß-Glc (3 à 1)
Dulcosid A
ß-Glc
ß-Glc - a-Rha (2 à 1)

Stevioside machen den größten Teil an süßenden Inhaltsstoffen im Blatt aus. Sie sind für die Weiterverarbeitung in der Küche bedeutsam, weil sie im Gegensatz zu anderen Süßstoffen hitzebeständig und damit auch für das Kochen und Backen geeignet sind. Rebaudiosid A ist einer der entscheidenden Inhaltsstoffe, wenn es um die Qualität der Süße geht. Je mehr Rebaudiosid enthalten ist, desto besser und teurer sind die Produkte (höhere Süßkraft, geringerer Bittergeschmack – siehe Tab. 2). Besonders hervorzuheben ist, dass Stevioside bis zu 300 mal stärker süßen als Zucker. Deshalb ist bei der Verwendung von Steviosiden besondere Vorsicht geboten. Sehr leicht überdosiert man sie, wodurch dann nicht die gewünschte Süßung erreicht wird, aber ein unangenehmer Nebengeschmack entsteht.

Stevia als Süßungsmittel

Beim Süßen mit Stevia gibt es einiges zu beachten, es ist nicht ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Wie oben schon erwähnt werden Stevioside unterschiedlichster Qualitätsstufen angeboten. Je schlechter die Qualität, umso stärker ist jener bittere Beigeschmack ausgeprägt. Dieser Beigeschmack wird von Menschen, sofern sie ihn wahrnehmen, nicht nur als bitter sondern mitunter auch als medizinisch, metallisch oder künstlich beschrieben. Er kann jedoch durch eine optimale Dosierung gering gehalten werden. Unterschiede gibt es aber auch bei der Wahrnehmung der Süße. Besonders Personen, die allgemein weniger Süße bevorzugen, beschreiben die Süßwirkung als sehr hoch. Bei der Süßung mit Stevia benötigt man wesentlich geringere Mengen als wenn man Zucker verwendet. (sieheTab. 3)

Die besten Ergebnisse erzielt man jedoch, wenn man Stevia-Süßstoffe in Kombination mit Zucker einsetzt. Sehr gut schmeckt es, wenn man nur rund 4/5 des benötigen Zuckers ersetzt, also zumindest einen kleinen Anteil Zucker beibehält.

Gesundheitliches / Rechtliches

Die Süße ist aus unseren Lebensmitteln nicht mehr wegzudenken, doch der Zucker ist durch seine Verbindungen zu den sogenannten Wohlstandskrankheiten in Verruf geraten. Entsprechend begehrt sind Zucker-Ersatzstoffe. Stevia bietet sich hier als natürliche Alternative an. In Diät- bzw Diabetikerprodukten sind alternative Süßstoffe schon lange im Einsatz.

Außerdem ist Stevia nicht nur kariesneutral, es soll sogar karieshemmend wirken, wie ein Schulprojekt der HLFS Ursprung im Jahr 2006 nachgewiesen hat (vgl. http://stevia.ursprung.at). Stevia werden noch viele andere positive Einflüsse auf unsere Gesundheit nachgesagt, von denen die meisten jedoch noch wissenschaftlich zu belegen sind. Gesundheitsschädlich ist Stevia jedenfalls nicht, glaubt man folgendem Absatz der EFSA (European Food Safety Authority):

"Toxikologische Tests haben gezeigt, dass die Substanzen weder genotoxisch noch krebserregend sind und auch keine negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane des Menschen oder das ungeborene Leben haben. Das Gremium hat eine zulässige tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake — ADI)1 von 4 mg pro kg Körpergewicht für Steviolglycoside festgelegt, einen Wert, der mit demjenigen des vom Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) festgelegten in Einklang steht." (http://www.efsa.europa.eu/de/press/news/ans100414.htm)

Zu erwähnen ist, dass die im Zitat genannten 4 mg pro kg Körpergewicht die gesamte empfohlene maximale Tagesdosis an Zucker ersetzen würden.

Durch diese JECFA-Empfehlung wird demnächst die Zulassung von Stevia zum Lebensmittelmarkt der EU erwartet. In vielen Nicht-EU-Ländern steht die Zulassung ebenfalls so gut wie sicher bevor. Interessant ist, dass Stevia in Japan bereits 1970 zugelassen wurde. 2008 erfolgte die endgültige Zulassung in Australien und Neuseeland.

Tab. 2 Süßkraft von Stevia im Vergleich zu Zucker und das Verhältnis süß zu bitter.

Komponente
Konzentration d. Saccharose
% (w/v)
Süßkraft
Qualität
[Süß; Bitter]
Steviosid
0,4
300
 
 
0,6
210
 
 
10
150-190
62; 30
Rebaudosid-A
2
770
 
 
5
440
 
 
6
240
 
 
10
170
85; 12

Tab. 3 Süßkraft von Steviosid bei unterschiedlichen Konzentrationen im Verhältnis zu Zucker

Saccharose
Steviosid
Konzentration d. Lösung (%)
Süßkraft
Konzentration d. Lösung (%)
Süßkraft
2
1
0,0075
267
4
1
0,0250
160
6
1
0,0450
133
8
1
0,0675
118
10
1
0,0900
111

Vorteile/Gesundheit:

  • natürliches Produkt
  • starke Süßkraft
  • geringe Mengen sind ausreichend
  • beeinflusst den Eigengeschmack von Produkten nicht
  • kalorienfrei
  • keine Kariesgefahr
  • sehr gut für Diabetiker geeignet
  • Zahn und Zahnschmelz werden nicht angegriffen

Rechtliches:

Geschichte

  • 1970: Zulassung in Japan
  • 2007: 24 Patente von Coca-Cola, Stevia als Süßstoff
  • Okt. 2008: Zulassung Neuseeland und Australien
  • Dez. 2008: Zulassung von Rebaudiosid-A in den USA
  • 14. April 2010: Europäische Behörde stuft Stevia als unbedenklich ein
  • Mai 2010: Danone-Konzern verwendet als erster Stevia als Süßungsmittel