Für das untersuchte Gen TAS2R38 sind drei Punktmutationen (SNPs) möglich, die für die Funktion des Geschmacksrezeptors entscheidend sind. Um diese Punktmutationen identifizieren zu können, mussten wir für jede ein Set aus zwei DNA-Sonden besorgen. Eine der Sonden kann an die DNA binden, wenn keine Mutation vorliegt (Wildtyp) und die andere, wenn eine Mutation (Mutante) an dieser Stelle vorhanden ist. Jede der beiden Sonden ist mit einem anderen Fluoreszenzfarbstoff markiert, in unserem Fall waren das die Farbstoffe FAM und HEX. Über diesen Farbstoff können wir feststellen, welche Sonde an unsere Versuchs-DNA bindet. Außer diesem Farbstoff tragen die Sonden noch einen sogenannten Quencher. Der Quencher unterdrückt die Fluoreszenz des Farbstoffes, so lange sich dieser auf der DNA-Sonde befindet. Wird jedoch der Farbstoff von der Sonde abgespalten, kann der Quencher die Fluoreszenz nicht mehr unterdrücken und es kommt zu einer – für uns messbaren – Fluoreszenz.

Die Abspaltung des Farbstoffes wird durch die PCR verursacht (PCR = Polymerase Chain Reaction, eine Technik um DNA zu vermehren). Passieren kann dies aber nur, wenn die DNA-Sonde komplett an die Zielsequenz (= unser Bereich der jeweiligen Punktmutation) binden kann. Generell werden bei der PCR DNA-Fragmente vermehrt. Die Größe und Position wird durch sogenannte Primer genau festgelegt. Eine PCR benötigt dafür zwei Primer, die den gewünschten DNA-Abschnitt flankieren, in unserem Fall jenen Abschnitt, der die Mutation tragen kann. Nur dieser DNA-Abschnitt wird bei der PCR vermehrt. Die Vermehrung geschieht exponentiell, d. h. dass bei jedem PCR-Zyklus die vorhandene Menge des DNA-Abschnitts verdoppelt wird (nach 50 Zyklen haben wir 250 = ca. 1015 Mal soviel DNA wie zu Beginn). Die Bildung der neuen DNA-Stränge passiert durch die DNA-Polymerase. Die DNA-Polymerase hat bei unserem System noch eine weitere Aufgabe: Sie sorgt auch für die Abspaltung unseres Fluoreszenz-Farbstoffes von der Sonde (Abb. 1). Aber nur die Sonden, die auch 100%ig an die DNA binden können, verlieren ihren Farbstoff. Wenn nun der Farbstoff von der DNA abgespalten wurde, wird die Fluoreszenz nicht mehr vom Quencher, welcher noch an der Sonde hängt, unterdrückt und wir können diese messen. Bei der von uns verwendeten qPCR haben wir die Möglichkeit, die entstandene Fluoreszenz nach jedem PCR-Zyklus zu messen. Anhand der entstehenden Kurven (Beispiel Abb. 2) können wir feststellen, ob die Wildtypvariante oder die Mutante vorhanden ist.

Je nachdem, ob jetzt der Farbstoff, der die Wildtyp-Sequenz markiert, der Farbstoff der Mutanten-Sonde oder sogar beide Farbstoffe messbar sind, können wir feststellen, welcher Genotyp vorhanden ist. Wenn nur ein Farbstoff feststellbar ist, handelt es sich um einen homozygoten Genotyp, das bedeutet, dass beide Chromosomen die gleiche Genvariante tragen. Dies kann entweder der nicht mutierte Wildtyp oder die Mutante sein. Wenn wir beide Farbstoffe messen können, ist auf einem Chromosom das Wildtyp-Gen vorhanden und auf dem anderen die Mutante. Wir können aber nicht feststellen, auf welchem Chromosom welche Variante vorhanden ist. Für eine bessere Auswertung und Darstellbarkeit der Ergebnisse empfiehlt es sich, die Fluoreszenzwerte der einzelnen Farbstoffe in ein Koordinatensystem aufzutragen (Abb. 3). In der Grafik kann man drei Gruppen von Messwerten erkennen. Die Quadrate ganz links stehen für die DNAs, die homozygot beim Wildtyp sind. Die Kreise ganz rechts kennzeichnen die DNAs, die homozygot die Mutation zeigen. Die größte Gruppe der Dreiecke, in der Mitte der Grafik, kennzeichnet die Versuchs-DNAs, die heterozygot sind, also wo ein Chromosom die Punktmutation trägt und das andere nicht.

Heterozygote und homozygote Proben kann man einfach an den Fluoreszenzintensitäts-Kurven der beiden verwendeten Farbstoffe erkennen. Es zeigen sich markante Unterschiede zwischen homozyogt Wildtyp, heterozygot und homozygot Mutante (Abb. 4). Bei homozygoten Proben zeigt nur einer der beiden Farbstoffe einen markanten Fluoreszenzanstieg (Abb. 5), während der andere Farbstoff keinen nennenswerten Anstieg der Fluoreszenz zeigt. Ob es sich um einen homozygoten Wildtyp oder um eine homozygote Mutante handelt kann man bestimmen indem man feststellt, welcher Farbstoff den Fluoreszenzanstieg zeigt und welcher nicht. Bei einem heterozygoten Genotyp zeigen beide Farbstoffe einen starken Anstieg der Fluoreszenz, der in etwa gleich stark ist (Abb. 6). Hier sind also sowohl das Wildtyp als auch das Mutanten Gen vorhanden.

TAS2R38 I49

Primer:
TAS2R38 A49 F: TGAGACACAGCAGCACACAATC
TAS2R38 A49 R: TTCTTGGTGAATTTTTGGGATGT
Probes:
TAS2R38 A49 ALA: CTGTTGCTCAGTGCCTGCCTCTTCAC FAM
TAS2R38 A49 PRO: CTGTTGCTCAGTGGCTGCCTCTTCAC HEX

TAS2R38 I262

Primer:
TAS2R38 V262 F: AAGTCTCTTGTCTCCTTTTTCTGCTTC
TAS2R38 V262 R: CGCGCCACAGAATCAGTAGG
Probes:
TAS2R38 V262 VAL: GTGATATCATCCTGTGT TGCCTTCATCTCTGTG FAM
TAS2R38 V262 PAL: GTGATATCATCCTGTGC TGCCTTCATCTCTGTG HEX

TAS2R38 I298

Primer:
TAS2R38 I298 F: GTTGGGATAATGGCAGCTTGTC
TAS2R38 I298 R: CTCTCCTCAACTTGGCATTGC
Probes:
TAS2R38 I298 ILE: TGGGCATGCAGCCATCCTGAT FAM
TAS2R38 I298 VAL: TGGGCATGCAGCCGTCCTGAT HEX

Quellen:

RealTime PCR Applications Guide, BioRad (2006)

Beschreibung der Bilder:

 
Abb. 1: Funktionsweise der DNA-Sonden. Unsere DNA-Sonden bestehen aus drei Teilen. Dies sind 1. der Fluoreszenzfarbstoff R1 und R2), dann kommt eine DNA-Sequenz, die dem Spiegelbild der zu erkennenden Sequenz unseres Genes entspricht (d.h. zu dieser komplementär ist). Weiters ist noch ein entsprechender Quencher (Q1 und Q2) vorhanden, der die Fluoreszenz des Farbstoffes unterdrückt, wenn beide an die Sonde gebunden sind. R1 und R2 sind zwei verschiedene Fluoreszenzfarbstoffe. Einer dieser Farbstoffe befindet sich auf der DNA-Sonde, die die Wildtyp-Sequenz trägt. Der andere Farbstoff ist an die zweite Sonde, die unserer Mutantenvariante entspricht, gekoppelt. Wenn die Sonde binden kann („match“) dann wird sie bei der PCR-Reaktion durch die DNA-Polymerase abgebaut und der Fluoreszenzfarbstoff wird frei und liefert uns ein messbares Signal. Kann die Sonde jedoch nicht binden („mismatch“) passiert nichts und der Quencher unterdrückt weiterhin die Fluoreszenz des Farbstoffes.
 
Abb. 2: Beispielkurve des Fluoreszenzanstiegs einer qPCR. Auf der x-Achse sind die PCR-Zyklen aufgetragen und auf der y-Achse die Fluoreszenzintensität des Farbstoffes. Anhand dieser Fluoreszenzintensität kann man unterscheiden, ob es sich um einen reinen Wildtyp, eine reine Mutante (homozygot) oder eine Mischung (heterozygot) aus beiden Varianten handelt.
 
Abb. 3: Auf der y-Achse ist die Fluoreszenzintensität des Farbstoffes der Wildtyp-DNA-Sonde aufgetragen und auf der x-Achse die Fluoreszenzintensität jenes Farbstoffes, der sich auf der Mutanten DNA-Sonde befindet. Man kann gut erkennen, dass sich drei markante Gruppen herausbilden. Die linke Gruppe (Quadrate) sind homozygote Wildtypen, das bedeutet, dass beide Chromosomen die nicht mutierte Variante tragen. Die ganz rechte Gruppe (Kreise) sind homozygote Mutanten, hier tragen also beide Chromosomen die Mutation. Bei der mittleren Gruppe kommen beide Varianten vor, also sowohl Wildtyp als auch Mutante, die sich jeweils auf einem Chromosom befinden.
 
Abb. 4: In dieser Grafik kann man die Fluoreszenzintensität einer für das Mutanten-Allel homozygoten Probe (A), einer heterozygoten Probe (B) und einer für Probe, die homozygot Wildtyp ist (C) sehen. Gemessen wurde der Farbstoff der Mutantensonde.
 
Abb. 5: Ein homozygoter SNP. Ein Farbstoff zeigt eine hohe Fluoreszenzintensität (A), während der andere Farbstoff keinen markanten Anstieg der Intensität zeigt (B). Hier ist also nur ein Allel, in unserem Fall das Wildtyp-Allel vorhanden.
 
Abb. 6: Ein heterozygoter SNP. Beide Farbstoffe zeigen einen ähnlich starken Anstieg der Fluoreszenz. Es sind also sowohl das Wildtyp- als auch das Mutanten-Allel vorhanden.